by Carmen Stehle

Ein Tag wie jeder andere. Man kennt das ja als Mutter. Immer schön mindestens eine halbe Stunde vor den Kindern aufstehen (wer zum Teufel hat sich das mit den 8 Uhr Unterrichtsbeginn ausgedacht), fertig machen, dann die lieben Kleinen wecken. Warum sind Kinder am Wochenende eigentlich immer so früh wach und unter der Woche nicht aus dem Bett zu kriegen?  

EIN GANZ NORMALER TAG IM HOTEL MAMA

So ein Morgen erinnert mich immer ein wenig an einen Aufenthalt im Hotel. Nur dass ich das Personal bin. Honigbrot? Nein, heute lieber Nutella. Milch? Warm oder kalt serviert? Mist, fast hätte ich das Pausenbrot vergessen. In Zeiten von Corona wird es immer schwieriger, mal etwas zu vergessen. Oft haben die Pausenverkäufe nicht geöffnet was bedeutet, dass ein vergessenes Pausenbrot schnell zum Drama werden kann. Hungrige Kinder sind wie Bestien. Man hält sich von ihnen fern oder gibt ihnen schnell Nahrung. Stichwort: Blutzucker. Jede Mum und jeder Dad weiß was ich meine.  

JETZT BIST DU UNCOOL

Auch ein vergessener Kleber oder eine Schere können in diesen Zeiten schon zum Problem werden. Denn die Kinder dürfen wegen den Hygienemaßnahmen kein Arbeitsmaterial untereinander tauschen. Was macht man in so einem Fall? Natürlich kann man in die Schule fahren und die vergessenen Dinge einfach nachbringen. Zumindest wenn man peinlich sein möchte und sein Kind für den Rest der Schulzeit brandmarken will. “Schatz…Du hast Dein Hummus-Brot und die Karöttchen daheim liegen lassen – die magst Du doch so gerne” oder “Hier ist Deine Schere – ich habe sie unter den Mal-Büchern gefunden”.  

Sowas kommt ab circa der 4. Klasse überhaupt nicht mehr gut an. Und spätestens in diesem Moment merkt man: Mist, ich bin uncool – zumindest in den Augen meines Kindes. Interessanterweise ist man den Kids nicht zu uncool, wenn es abends darum geht ihnen eine Gute-Nacht-Geschichte vorzulesen. Ok, sollte das mit 15 Jahren noch der Fall sein, wäre es wohl besser, einen Termin beim Kinder-Psychologen zu vereinbaren.  

DIE ZEIT VERGEHT SO SCHNELL

Der Moment in dem einen klar wird, dass man nicht mehr die wichtigste Person im Leben seines Kindes ist, ist hart. Bei manchen kommt es früher, bei anderen später. Gerade noch Beschützer und wichtigster Mensch – jetzt Persona non grata. Der Grat zwischen cooler/m und uncooler/m Mum/Dad ist verdammt schmal. Und dann stellt man sich die Frage: ist es jetzt vorbei mit der schönen Kinderzeit? Werden die Kleinen erwachsen? Und: Oh Gott, habe ich zu früh zu viel gearbeitet und die schönste Zeit mit meinen Kindern verpasst oder nicht genug wertgeschätzt? 

Zumindest ich habe mir diese Frage schon oft gestellt. Und natürlich gibt es darauf keine wirkliche Antwort. Ich denke es geht fast jedem so, dass man manchmal erst sehr spät bemerkt, wie schön eine Zeit war. Unsere Kinder werden älter. Unabhängiger. Die Zeit rennt dahin. Und plötzlich – praktisch über Nacht – stellen wir fest: sie sind erwachsen.  

Das tolle daran ist: wenn wir an dem ersten Scheideweg der kindlichen Unabhängigkeit angelangt sind, haben wir noch die Chance die Bremse reinzuhauen. Vielleicht muss die ein oder andere Überstunde nicht sein. Vielleicht kann man vermeintlich wichtige Aufgaben auch einen Tag später erledigen. Denn bei den ersten “Coolness”- Anzeichen unserer Kinder ist noch nicht alles verloren. Sie mögen sich zwar freistrampeln, aber sie brauchen uns immer noch. Lasst uns diese Zeit genießen und so viel Quality-time wie möglich mit ihnen verbringen. Denn eines Tages kommt der Tag, an dem wir wirklich nur noch uncool sind.